Einzelpersonen

Frau, die sich umarmt

#3 HOW TO: “Gesunder” Umgang mit Scham

HOW TO: “Gesunder” Umgang mit Scham In den vorherigen beiden Folgen habe ich euch erzählt, wie Scham entsteht, was das mit unseren Beziehungen machen kann und wie wir allzu oft mit unserer Scham umgehen.   Doch wie kann nun ein gesunder Umgang mit Scham aussehen – mit anderen und bei mir? Dies möchte ich euch in diesem Beitrag mitteilen. Wie ihr in #2 nachlesen könnt, spielen wir allzu oft in zwischenmenschlichen Beziehungen mit der Scham Pingpong und schieben sie unserem Gegenüber einfach wieder zurück, um uns selbst zu entlasten. Das passiert insbesondere dann, wenn es Konflikte gibt, wenn wir uns streiten oder nicht verstehen. In diesen Situationen verlieren wir oftmals die Empathie für den Anderen und damit auch die Möglichkeit, mitfühlend und einfühlend zu reagieren. Und genau hier liegt eine Lösung: Wir alle teilen das gleiche Grundbedürfnis, uns von unseren Mitmenschen angenommen und gemocht zu fühlen, uns zugehörig zu fühlen. Dies sollte auch in Streitgesprächen nicht verloren gehen:   “Du bist okay und ich schätze dich / ich liebe dich / du gehörst dazu. Ich sehe dich / erkenne dich an / wertschätze, wer du bist.”   …sollte als Kernaussage mitschwingen, damit wir die Verbindung zu unserem Gesprächspartner nicht verlieren oder damit wir Verbundenheit wiedergewinnen können. Ganz konkret können folgende Formulierungen die Scham und damit auch mögliche Beziehungsbarrikaden auflösen, wenn sie aufrichtig geäußert werden:   „Du hast Recht“, „Ich bedaure…“, „…teilweise stimme ich dir zu…“ “Es tut mir leid…” “Wenn du xxx sagst, dann macht mich das traurig / wütend / hilflos.” “Ich wünsche mir…”   Schwierige Situationen im Miteinander können so deeskaliert werden, und vielleicht gelingt es uns, eine gemeinsame Lösung zu finden. Formulierungen dieser Art können verhindern, dass unser Gegenüber in eine Selbstschutz-Reaktion verfällt, wodurch Gegenangriffe ausbleiben. Wichtig ist: Schwierige Dinge müssen manchmal angesprochen werden. Kritisiere dabei nur das störende Verhalten, nicht die ganze Person. So kannst du auch im Konflikt mit Respekt und Wertschätzung begegnen. Überlege: Wie möchtest du selbst behandelt werden?   Ein versöhnlicher Umgang ist jedoch schwer, wenn wir selbst Scham empfinden. Wie können wir damit umgehen? Was hilft? Das beste Mittel gegen Scham und das Gefühl, unzulänglich zu sein, ist der Kontakt zu Menschen, die uns auffangen, zuhören oder trösten.Auch ein liebevoller Umgang mit sich selbst ist wichtig – gerade in Krisen. Für einen gesunden Umgang mit Scham kannst du versuchen:   Mit dir selbst so zu sprechen, wie eine liebe Freundin es tun würde. Deine Unvollkommenheit anzunehmen – die hat jeder. Verletzlichkeiten in vertrauensvollen Beziehungen offen zu zeigen. Zu akzeptieren, dass das Leben manchmal Schmerz bringt.     Nächster Beitrag: Scham in der Schule Quellen: Larsson, L. (2023). Wut, Schuld & Scham. Drei Seiten der gleichen Medaille. Paderborn: Junfermann. Marks, S. (2021): Scham. Die tabuisierte Emotion. Düsseldorf: Patmos. Weinblatt, U. (2016). Die Nähe ist ganz nah! Scham und Verletzungen in Beziehungen überwinden. Göttingen: Vandenhoek & Rupprecht Rohlfs, C. (2011). Autonomie, Kompetenz und soziale Eingebundenheit. Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation von Deci und Ryan. In: Bildungseinstellungen. VS Verlag für Sozialwissenschaften. Einzelpersonen, Eltern und Familie #3 HOW TO: “Gesunder” Umgang mit Scham Julia MichallaJuni 8, 2025 Einzelpersonen, Eltern und Familie #2 Scham – Beziehungsgift oder Entwicklungsmotor? Julia MichallaJuni 8, 2025 Einzelpersonen, Eltern und Familie #1 Schamgefühle Julia MichallaJuni 8, 2025 Einzelpersonen, Eltern und Familie #9 Brücken bauen & bezogene Selbstfindung Julia MichallaJuni 7, 2025 Einzelpersonen #8 Mehr Selbst wagen – HOW TO: Grenzen setzen Julia MichallaJuni 7, 2025

#3 HOW TO: “Gesunder” Umgang mit Scham Weiterlesen »

Frau hält ihre Hände vor das Gesicht.

#2 Scham – Beziehungsgift oder Entwicklungsmotor?

Scham – Beziehungsgift oder Entwicklungsmotor? „Wie war es in der Schule?“ „Scheiße wie immer! Frag nicht!“ „Hast du schon die Vokabeln gelernt?“ „Nö.“ Vielleicht findest du dich nicht direkt in diesen kurzen Wortwechseln wieder. Aber dir fallen vielleicht ähnliche Situationen ein – mit deinem Kind, Partner*in, in der Familie oder sogar mit Fremden. Es kann ein inneres „Huch“ auslösen, wenn eine Reaktion überzogen wirkt. Und es tut weh, wenn unterschwellig die Botschaft mitschwingt: „Mit dir nicht!“   Wie im letzten Beitrag beschrieben, ist Scham ein soziales Gefühl – das Gefühl, wertlos zu sein oder nicht dazuzugehören. Es spielt häufig eine Rolle in zwischenmenschlichen Kontakten und kann diese belasten, wenn wir keinen bewussteren Umgang damit finden. Oft „spielen“ wir die Scham zurück – wie beim Pingpong: offen im Streit oder unterschwellig. Oder wir tragen sie weiter, z. B. im Straßenverkehr mit Hupen oder Schimpfen. Das verschafft kurzfristig Erleichterung – wir müssen unsere Scham nicht spüren. Puh! Selbstwert gerettet.   Doch langfristig bleibt: eine beschädigte Beziehung, ein gestörter Kontakt, das Gefühl von Unstimmigkeit. Als soziale Wesen sind gelingende Beziehungen ein Grundbedürfnis – sie sind wesentlich für Resilienz und Wohlbefinden.   Aber ist Scham nur „schlecht“? Was wäre das Gegenteil – ein schamloses Miteinander? Wäre das wirklich besser?   In der Literatur wird zwischen vier Schamformen unterschieden. Ich möchte eine davon hervorheben: die Gewissens-Scham. Sie meldet sich, wenn wir gegen unsere Werte handeln – wenn wir nicht die Person sind, die wir sein wollen. Dann taucht der Gedanke auf: „Ich möchte nicht so jemand sein.“ Tritt diese Form in gesunder Weise auf, kann sie uns wachsen lassen: „Das will ich nicht wieder tun. Ich möchte mir selbst in die Augen schauen können.“ Scham im gesunden Maß kann helfen, sich an moralische Werte wie Respekt, Höflichkeit oder Solidarität zu halten – und so das Miteinander auf eine neue Ebene heben.   Welche Dialoge, Momente, Situationen fallen dir ein, in denen dir möglicherweise Scham begegnet – bei dir oder deinem Gegenüber? Welche Werte sind dir wichtig? Wann ist es dir in deinem Leben schon gelungen, aus deinem Verhalten zu lernen?   Quellen: Larsson, L. (2023). Wut, Schuld & Scham. Drei Seiten der gleichen Medaille. Paderborn: Junfermann. Marks, S. (2021). Scham. Die tabuisierte Emotion. Düsseldorf: Patmos. Rohlfs, C. (2011). Autonomie, Kompetenz und soziale Eingebundenheit. Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation von Deci und Ryan. In: Bildungseinstellungen. VS Verlag für Sozialwissenschaften. Einzelpersonen, Eltern und Familie #2 Scham – Beziehungsgift oder Entwicklungsmotor? Julia MichallaJuni 8, 2025 Einzelpersonen, Eltern und Familie #1 Schamgefühle Julia MichallaJuni 8, 2025 Einzelpersonen, Eltern und Familie #9 Brücken bauen & bezogene Selbstfindung Julia MichallaJuni 7, 2025 Einzelpersonen #8 Mehr Selbst wagen – HOW TO: Grenzen setzen Julia MichallaJuni 7, 2025 Einzelpersonen #7 Mehr selbst wagen – über die Herausforderung, Grenzen zu setzen Julia MichallaJuni 7, 2025

#2 Scham – Beziehungsgift oder Entwicklungsmotor? Weiterlesen »

Das Bild zeigt eine junge Frau, die gebeugt sitzt.

#1 Schamgefühle

Schamgefühle Schimpfwörter, fliegende Türen, Rückzug im eigenen Zimmer oder in sich selbst… Viele Eltern beobachten solche Verhaltensweisen bei ihren Kindern oder Jugendlichen. Doch warum ist das so? Was macht zwischenmenschliche Beziehungen oft so kompliziert? Warum tut das, was wir in Konflikten fühlen, so weh – und welches Gefühl ist das überhaupt?   Als ich begann, mich intensiver mit diesen Fragen zu beschäftigen, stieß ich eher zufällig auf ein Thema, über das wir selten sprechen – manche nennen es sogar ein Tabu: Scham. Dieses Gefühl geht weit über ein „Mir ist etwas peinlich“ hinaus. Wir alle kennen Scham – wir erröten oder wünschen uns ein Loch zum Verschwinden. Doch Scham geht tiefer.   Während Schuld bedeutet: „Ich habe einen Fehler gemacht“, sagt Scham: „Ich bin ein Fehler.“ Sie betrifft unser Selbstwertgefühl, lässt uns glauben, nicht wertvoll, nicht zugehörig, nicht liebenswert zu sein. Chronische oder intensive Scham kann schwerwiegende psychische oder psychosomatische Folgen haben.   Scham ist ein soziales Gefühl – sie entsteht im Kontakt mit anderen. Und genau hier kann sie zerstörerisch wirken. Menschen reagieren meist in zwei Richtungen:Entweder sie ziehen sich zurück – verlassen den Raum, ghosten, blockieren – symbolisch oder real schlagen sie die Tür zu.Oder sie wenden sich nach außen – mit Wut, Beschimpfungen, Demütigungen oder sogar körperlicher Gewalt. Wir haben selten gelernt, mit Scham so umzugehen, dass sie unsere Beziehungen nicht belastet. Dabei bräuchten wir gerade in schwierigen Momenten Nähe und Verbindung. Doch das automatische Verhalten von „Flucht oder Kampf“ schützt uns kurzfristig, gefährdet aber langfristig unsere sozialen Bindungen. Es fehlt an Empathie – für andere und für uns selbst.   An welche Erfahrungen großer Scham in deinem Leben erinnerst du dich? Wann empfindest du in deinem Leben Scham? Wann beobachtest du Scham in deinen Beziehungen? Was sind deine Auslöser für Schamgefühle?   Quellen: Larsson, L. (2023). Wut, Schuld & Scham. Drei Seiten der gleichen Medaille. Paderborn: Junfermann. Marks, S. (2021): Scham. Die tabuisierte Emotion. Düsseldorf: Patmos. Weinblatt, U. (2016). Die Nähe ist ganz nah! Scham und Verletzungen in Beziehungen überwinden. Göttingen: Vandenhoek & Rupprech Einzelpersonen, Eltern und Familie #2 Scham – Beziehungsgift oder Entwicklungsmotor? Julia MichallaJuni 7, 2025 Einzelpersonen, Eltern und Familie # 4 Scham in der Schule Julia MichallaJuni 7, 2025 Einzelpersonen, Eltern und Familie #3 HOW TO: “Gesunder” Umgang mit Scham Julia MichallaJuni 7, 2025 Einzelpersonen, Eltern und Familie #5 Kinder und Jugendliche in ihrem Selbstwert stärken Julia MichallaJuni 7, 2025 Einzelpersonen #6 Bewusst Abschied nehmen – was wir daraus für unsere Beziehungen lernen können Julia MichallaJuni 7, 2025

#1 Schamgefühle Weiterlesen »